... wer nicht kämpft hat schon verloren ...

Uschi Pausch-Gruber, MdL ermutigte uns junge Frauen in der SPD, Verantwortung zu übernehmen. Wer beklagt, dass zuwenig Frauen in Mandaten sind, muß bereit sein zu kandidieren. Unsere fränkische Abgeordnete im EP,  Lilo Seibel-Emmerling, berichtete intern, dass sie nicht wieder kandidieren werde. Sie empfahl: schaut euch rechtzeitig nach einer Nachfolgerin um! 
Spontan sprachen mich mehrere Genossinnen an : Lissy, das machst DU ! 
Ich zuckte - ist das nicht eine Nummer zu groß für mich? Verkraftet das die Familie mit einer Tochter von 12 Jahren und einem Sohn von 9 Jahren? Mein Mann ermutigte mich : das ist eine einmalige Chance - auch für unseren SPD Kreisverband - Versuche es ...

WER KÄMPFT KANN VERLIEREN -WER NICHT KÄMPFT HAT SCHON VERLOREN ! ... 

Ein langer Weg lag vor mir - Bewerbung in unzähligen  Parteiveranstaltungen ...
Siege - Niederlagen, darüber werde ich später berichten.
Das Ergebnis nach ca. einem halben Jahr parteiinterner Auswahlverfahren ergab: ich war auf Platz 30 der SPD Bundesliste platziert. Aktuell saßen 35 MdEPs von der SPD in Straßburg. Meine Bewerbung war durchaus chancenreich.
Es folgte ein anstrengender Wahlkampf, den ich mit einer 6 monatigen Freistellung im Beruf - ohne Einkommen - ohne personelle Recourcen - aber mit viel Unterstützung führte. Mein damaliger Mann und die beiden Kinder entlasteten mich von der Familienarbeit. Erheblich war auch die Hilfe meiner Mutter Irmgard Kießling, die zwar vollerwerbstätig war,  aber im Haus wohnte, und einfach DA war. Sie übernahm viele Hausarbeiten, wie das leidige Bügeln. Freudig nahm ich diese praktische Frauensolidarität an.
Bis heute bin ich den vielen ehrenamtlichen WahlhelferInnen aus der SPD dankbar. Ohne die Parteimitglieder, die an Infoständen stehen, Plakate kleben und Wahlinformationen in die Haushalte verteilen, würde unsere Demokratie nicht funktionieren.


Es war eine sehr dichte, erfahrungsreiche Zeit bis zum 18. Juni 1989 , der Wahl zum 3. direkt von den BürgerInnen gewählten Europäischen Parlament in zwölf Ländern!
Im Kreis der SPD,  Freunde und MitstreiterInnen, fieberten wir den Ergebnissen entgegen, die damals erst ab 21 Uhr verkündet wurden. Europa tickt eben größer... Je nach Tradition wird schon donnerstags gewählt, wie in Großbritannien, und eben auch zu anderen Zeiten wie in Südeuropa.
Erste Ergebnisse und Hochrechnungen besagten für die SPD 30 Sitze - das wäre mein AUS, denn damals hatte Berlin ein festes Mandat, durch den Sonderstatus der geteilten Stadt, außer Konkurrenz. ...dann SPD 31 - hin - her - hin - 30 - 31 - 30. 

Ich verließ das Fürther Parteibüro in der Hirschenstraße mit meinen Ehemann und SPD-Kreisvorsitzenden Gerhard Gröner und dem Trost, durch eine großartige Erfahrung bereichert zu sein. Letztendlich blieb ich ohne Mandat, Partei und ich waren leer ausgegangen.
Dann weit nach Mitternacht hörten wir im Autoradio den Bundeswahlleiter das amtliche Endergebnis verkünden:


SPD 31 Sitze ... DRIN ...


Mit Riesenfreude feierten wir mit den verbliebenen GenossInnen bei der Wahlparty in Neustadt.

Als eine bittere Pille entpuppten sich die von rund zwei Millionen Bürgern gewählten  sechs Repubikaner aus insgesamt 81 deutschen  MEPs. Immerhin blieben wir SozialdemokratInnen die stärkste Gruppe mit 31 MEPs.  Am nächsten Morgen ging die Bahn nach Bonn zur konstituierenden Sitzung der SPD Gruppe im EP. Wir tagten in der SPD Parteizentrale, im Erich Ollenhauer Haus, genannt die Barracke.


Der SPD Parteivorsitzende Hans Jochen Vogel leitete die Sitzung. Auf meine scherzhafte Frage, ob ich denn nun wirklich stimmberechtigt sei, antwortete er in seiner freundlich-korrekten Art mit honorer Stimme: "zweifelst du etwa daran?"


Oft klingt mir das noch in den Ohren -
besonders wenn mein Optimismus mich verlassen will...


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